Wacht zu Wassersportler-Verhalten auf Chiemsee: Unglücks-Segler steuerte 1985 mitten in Sturm - „Leider auch heute noch ...“


A 1985 sailing tragedy on the Chiemsee, where a sailing instructor and three students ignored storm warnings, highlights the ongoing issue of reckless water sports behavior.
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Unglücks-Segler steuerte 1985 mitten in Sturm: „Leider auch heute noch ...“

Stand: 18.05.2025, 17:03 Uhr

Von: Heinz Seutter

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Links: „Mit dem Polizeiboot wurde die Leiche des jungen Seglers nach Prien gebracht“, lautet die Bildunterschrift dieses Fotos in der Ausgabe des Oberbayerischen Volksblatts (OVB) vom 12. April 1985. Rechts: Werner Vietz, 1. Vorstand der Wasserwacht Prien-Rimsting. © OVB Media Grafik / Berger / Repro: Stadtarchiv Rosenheim / OVB (Montage)

Im April 1985 ereignete sich eine Tragödie auf dem Chiemsee: Ein Segellehrer aus Nürnberg brach mit drei Schülern trotz Sturmwarnung zu einem Segeltörn auf. Die Yacht verschwand zunächst spurlos. Über Wochen hinweg wurde gesucht, bis der See seine Opfer und das Wrack freigab. Wir haben uns bei der Wasserwacht erkundigt, wie gefahrenbewusst sich Wassersportler heute verhalten.

Prien am Chiemsee - „Vor etwa zehn Jahren war in der Bayerischen Schifffahrtsordnung noch festgehalten, dass jeder Wassersportler bei Sturmwarnung unverzüglich das nächste Ufer anzulaufen hat. Verstöße gegen dieses Gebot waren belegt mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Mark. Im Großen und Ganzen wurde damals die Sturmwarnung beachtet und auch befolgt“, wandte sich Walter Poppe, Erster Vorsitzender der Wasserwacht-Ortsgruppe Prien-Rimsting, am 17. April in einem Leserbrief an die Zeitung. „Auf Betreiben von Wassersportverbänden wurde diese Strafbewehrung aufgehoben. Leider muss nun festgestellt werden, dass aus der Sicht der am Chiemsee tätigen Rettungsorganisationen dies nicht nur eine unpraktische, sondern eine falsche Entscheidung war“, heißt es darin. Die Sturmwarnung werde zu oft ignoriert. „Es mag zwar für die Wassersportler ein besonderer Reiz sein und für Könner ein besonderes Vergnügen, bei starkem Wind zu segeln, leider werden durch dieses Beispiel aber auch andere Wassersportler mit weniger großem Können animiert. Die Folge ist, dass es deshalb immer wieder zu schweren Unfällen kommt.“

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„Dabei, dass keine Sanktionen bei Verstößen verhängt werden, ist es geblieben. Die Starkwindwarnung und die Sturmwarnung sollen nur eine zusätzliche Information für den Wassersportler sein, damit dieser rechtzeitig Entscheidungen trifft. Diese politische Entscheidung wurde meines Wissens vom Grundsatz her nicht abgeändert“, erklärt Poppe, der als Rechtsanwalt in Prien tätig ist, auf Anfrage unserer Redaktion, „Beim Schiffsunglück selbst war es so, dass das Segelboot gefunden werden konnte und anschließend durch die Rettungsdienste in einer sehr aufwendigen Aktion die Ertrunkenen geborgen wurden. Damals war es eine sehr emotionale Angelegenheit. Die Eltern kamen auf die Wasserwacht Prien-Rimsting zu und baten, die Jugendlichen weiterzusuchen und zu bergen, was dann auch geschehen ist. Die Eltern bedankten sich für die Unterstützung und organisierten in der Nürnberger Presse eine Spendenaktion zugunsten der Wasserwacht.“

Wacht zu Wassersportler-Verhalten auf Chiemsee: Unglücks-Segler steuerte 1985 mitten in Sturm - „Leider auch heute noch ...“

Wochenlang lief im April 1985 die Suche nach einem auf dem Chiemsee nach einem Sturm vermissten Boot. Das Letzte, was man vor Ort von dessen Besatzung, einem Sportlehrer aus Nürnberg und seinen drei Schülern, gehört hatte war, dass sie zu einem mehrtägigen Segeltörn aufgebrochen waren. Dies trotz der ausgelösten Sturmwarnung. Zwei Tage später kam dann die traurige Gewissheit, als die erste Leiche eines der 17-jährigen Segler geborgen wurde. Gleichzeitig wurde klar, dass die Yacht binnen kürzester Zeit gesunken war. Denn nur wenige Minuten, nachdem ein Augenzeuge die Yacht zuletzt gesehen hatte, sei das Einsatzschiff der Priener Feuerwehr am Unglücksort eingetroffen. Dort habe gute Sicht geherrscht, aber es sei keine Spur von der Besatzung oder dem Schiff zu sehen gewesen.

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Es sei außerdem bekannt geworden, dass der Sportlehrer schon zuvor durch zwei Havarien aufgefallen sei und für Draufgängertum bekannt war. Sein Verhalten an jenem Tag sei „um so unverständlicher, als er in seinem heimischen Verein 1846 Nürnberg die Segelabteilung leitete und sogar in der Bundesvorstandschaft der Sunflower-Vereinigung vertreten war, also als Segelfachmann gelten musste.“ Eine 32-jährige Regierungsrätin aus München, die die Manöver des Skippers von der Rottmündung aus beobachtet hatte, wird zudem in ihrer Aussage gegenüber der Polizei zitiert: „Ich habe noch selten erlebt, dass jemand bei einem solchen Wellengang und ungeheuren Orkanböen die Segel nicht einholt oder schon bei der Sturmwarnung versucht, das nächste Ufer anzusteuern.“ Bestürzend sei auch die Tatsache, dass vermutlich auch die drei Begleiter von Andreas P. keine Schwimmwesten angelegt hatten. Erst Wochen später konnten dann die Leichen der restlichen Besatzungsmitglieder sowie das Wrack geborgen werden.

„Tragödie ist bis heute präsent“

„Diese Tragödie ist bei den Kameraden, die damals dabei waren, bis heute präsent“, berichtet Werner Vietz, 1. Vorstand der Wasserwacht Prien-Rimsting, „Die Erinnerung daran kommt immer wieder zur Sprache. In diesem Fall waren es ja leider gleich vier Menschen auf einmal, die ums Leben kamen. Dazu drei davon, die noch Jugendliche waren. Nicht nur, aber besonders allen, die selbst Kinder haben, ging das natürlich dann noch doppelt nahe.“ Er selbst ist Rettungstaucher und war bereits mit Fällen konfrontiert, in denen jemand nur noch tot geborgen werden konnte. Umso mehr mahne er daher, Sturmwarnungen stets ernst zu nehmen. „Wie Herr Poppe bereits bemerkte: Die Sturmwarnung sollen nur eine zusätzliche Information für den Wassersportler sein, damit dieser rechtzeitig Entscheidungen trifft. Aber ich bitte jeden, sie wirklich todernst zu nehmen!“

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„Leider müssen wir auch heute noch teilweise unbedachtes Verhalten bei Sturm erleben. Erst im vergangenen Sommer, Anfang August hatten wir es wieder, dass mehrere Wassersportler die Gefahr eines aufkommenden Sturms unterschätzten und gerettet werden mussten!“, erinnert Vietz. Es müsse angemahnt werden, dass viel zu häufig die Gefahren bei Unwetter auf dem See massiv unterschätzt würden. „Dabei können sich, auch durch die lokalen Verhältnisse, dort sehr rasch dramatische Situationen ergeben, mit starkem Wind und hohen Wellen!“ Auch müsse, immer wieder beobachtet werden, dass Wassersportler nicht einmal grundlegende Dinge beachteten, wie das Anlegen von Schwimmwesten. Die Wasserwacht rücke bei jedem Hilferuf aus. „Dabei muss man aber auch bedenken: Wir haben die bestmögliche Ausrüstung, aber wenn dort ein Sturm tobt, begeben auch wir uns in Gefahr für Leib und Leben!“ (hs)

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