Wieso die Schweiz ihren Vorsprung bei digitalem Banking verliert


Switzerland, once a leader in digital banking, is losing its competitive edge due to stringent regulations and a lack of government support for innovation.
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Regulierungswut und Zaudern: Die Schweiz hat ihre fĂĽhrende Rolle bei der Digitalisierung des Bankwesens verspielt

Die vom Bund gesponserte Fintech-Konferenz Point Zero Forum in Zürich sollte ein Schaufenster für Schweizer Innovation sein. Doch nun muss die Branche einräumen, dass sie den Anschluss zu verlieren droht.

Unser Geldwesen wird digital. In der Schweiz geht es aber etwas länger als anderswo. Getty

Es ist, als würde man beim Marathon eine halbe Stunde Vorsprung bekommen. Und würde dann trotzdem überholt: Die Schweiz gerät ausgerechnet bei der Digitalisierung des Bank- und Finanzwesens ins Hintertreffen. Sie drohe «den Anschluss zu verpassen», mahnen Branchenverbände.

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Dabei hatte alles so gut begonnen: Bereits 2021 passte das Parlament eine Reihe von Gesetzen an, um Rechtssicherheit im Geschäft mit digitalen Vermögenswerten zu schaffen. Das war damals visionär, weil sich erst ansatzweise abzeichnete, dass die Blockchain die wichtigste digitale Infrastruktur des Finanzwesens werden würde.

GrĂĽnderboom

Schon in den Jahren zuvor hatte ein für die Schweiz untypischer Gründer-Boom eingesetzt: Krypto-Firmen, spezialisierte Handelsplätze und Banken sahen das Licht der Welt. Ethereum, die Plattform, auf der mit Abstand die meisten digitalisierten Vermögenswerte gesichert sind, entstand massgeblich in Zug. Für einmal war die Eidgenossenschaft ihrer Zeit voraus.

Das ist auch den früheren Bundesräten Johann Schneider-Ammann und Ueli Maurer zu verdanken, die in Bern als eine Art Cheerleader der Branche wirkten. Von ihrem Engagement zeugt noch heute eine Fintech-Konferenz in Zürich. Der Bund organisiert sie jeweils zusammen mit dem technologieaffinen Singapur. Das Point Zero Forum, das diese Woche wieder stattfand.

Doch ausgerechnet an dieser Konferenz, die eigentlich als Schaufenster fĂĽr Schweizer Innovation gedacht war, musste die hiesige Branche eingestehen, dass sie ihren einstigen Vorsprung eingebĂĽsst und eine historische Chance aus der Hand gegeben hat.

Mathias Imbach ist als Chef der Krypto-Bank Sygnum eine gewichtige Stimme. An einem Workshop am Point Zero Forum zur Lage der Nation stellte er sich selbst die rhetorische Frage: Würde er, Mathias Imbach, heute noch einmal eine Krypto-Bank in der Schweiz gründen, wie er es 2018 getan hatte? «Mein Bauchgefühl sagt mir: keine Chance, wir würden nie eine Lizenz erhalten. Wir würden es nie schaffen. Ich würde es nicht einmal versuchen.»

Mathias Imbach, CEO der Krypto-Bank Sygnum. PD

Stimmung ist schlecht

So viel Pessimismus ist ungewöhnlich für einen Erfolgsunternehmer. Sygnum hat seit 2018 immerhin 280 Stellen geschaffen und hat in kurzer Zeit die Gewinnschwelle erreicht.

Wie kann es sein, dass die Stimmung in der Schweiz so schlecht ist? Ausgerechnet jetzt, wo alle Finanzplätze von Dubai über Hongkong und Singapur bis New York in der Blockchain die Grundlage für die Digitalisierung der Bankbranche sehen – und somit die frühe Weichenstellung der Schweiz bestätigen?

Einblick gibt ein Zwölfpunkteprogramm, welches die drei Branchenverbände Swiss Blockchain Federation, Bitcoin Association Switzerland und Crypto Valley an der Konferenz vorstellten.

Es handelt sich um einen eigentlichen Vorwurfskatalog an die Adresse der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma): «Im Gegensatz zu den Jahren 2018 und 2019 verfolgt die Finma mittlerweile eine deutlich innovationskritische Haltung, die primär Risiken betont.»

«Nicht erfüllbare Regeln»

Im Papier steht auch, dass sich mehrere ausländische Plattformen, «darunter globale Marktführer», um eine Ansiedlung in der Schweiz bemüht hätten. «All diese Vorhaben scheiterten.» Dabei seien die nicht erfüllbaren Regeln der Finma «ein wiederkehrendes Thema» gewesen.

Die Bedeutung solcher Krypto-Börsen für das Ökosystem kann man kaum überschätzen. Eine Handelsplattform wie Binance hat heute bereits über 250 Millionen Kunden weltweit. Eine zweite Chance, solch wichtige Akteure anzulocken, gibt es ziemlich sicher nicht: Sie werden heute überall mit offenen Armen empfangen.

Richard Teng (@binance) joined Sopnendu Mohanty (@gftn_official) at #PZF2025, shared key insights on what’s needed for crypto to go mainstream. 💬 “For crypto to go mainstream, two elements must come into play: clearer regulations & institutional adoption.” pic.twitter.com/RpfhAfwVCn

— Point Zero Forum (@pointzeroforum) May 6, 2025

Die Autoren beklagen auch langwierige Bewilligungsverfahren. Oder dass die Finma letztes Jahr die Regeln für Stablecoins ohne Vorwarnung verschärft habe. Stablecoins sind digitale Abbilder von herkömmlichen Währungen.

In der Schweiz gibt es noch immer keine nennenswerten Anbieter von Stablecoins, dabei werden diese Digitalwährungen weltweit rege benutzt: Der Umsatz von Stablecoins habe letztes Jahr bereits jenen des gesamten Visa-Netzwerkes übertroffen, führte Andréa Maechler am Point Zero Forum aus. Die frühere Nationalbank-Direktorin steht heute im Sold der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich.

GleichgĂĽltiges Parlament

Auch Daniela Stoffel nahm am besagten Workshop teil. Als Staatssekretärin für internationale Finanzfragen ist sie eigentlich Diplomatin. Auf den mangelnden Sukkurs von Bundesbern angesprochen, zeigte sie sich aber undiplomatisch.

Sie habe keinerlei Mandat des Parlamentes, um die Innovation im Finanzbereich zu fördern. Das interessiere dort niemanden. Sie verwendete dreimal das Wort «null». «Alles was wir tun, machen wir aus eigenem Antrieb.» Doch die Finma sei eine von der Verwaltung unabhängige Behörde, nur das Parlament könne auf sie einwirken, so Stoffel.

Daniela Stoffel, Staatssekretärin für internationale Finanzfragen. Keystone

Alle von der NZZ befragten Experten in- und ausserhalb der Branche teilen die Kritik an Finma und Parlament. Sie sagen aber auch, dass viele Unternehmen die frühe Rechtssicherheit in der Schweiz schlecht genutzt hätten.

So stellte die Bankiervereinigung letzte Woche «einen umfassenden Expertenbericht» zu Stablecoins vor. Er kommt zum wenig erstaunlichen Schluss, dass «ein regulierter, vertrauenswürdiger Franken-Stablecoin ein strategisches Zukunftsprojekt für Banken, Wirtschaft und Gesellschaft darstellt». Das ist schön, aber wo bleibt er?

Auch der digitale Handelsplatz SDX der SIX – deren Aktionäre die Banken sind – kommt seit Jahren nicht vom Fleck. Die hiesigen Akteure zeigen schlicht zu wenig Interesse. Nun hat diese Woche ausgerechnet die amerikanische Grossbank Citi eine bemerkenswerte Zusammenarbeit mit der SIX bekanntgegeben: Sie will Aktien von Firmen, die kurz vor dem Börsengang stehen, mit Hilfe der Schweizer Börse digitalisieren und so handelbar machen.

Passive UBS

Viele zeigen mit dem Finger auf die verbleibende Grossbank, die besonders mutlos und zögerlich sei. Die UBS räumt ein, dass sie für Privatkunden noch kein Krypto-Angebot habe – im Gegensatz zu fast jeder Kantonalbank.

Man verweist bei der UBS aber auf eine ganze Reihe von Blockchain-Projekten, etwa im Bereich Zentralbankwährungen oder auch bei der Digitalisierung von Anleihen, Fonds oder strukturierten Produkten.

Die Hoffnung einiger Beobachter ist, dass ein Ruck durch die Branche geht, nun wo sie sieht, in welch forschem Tempo amerikanische Banken und Vermögensverwalter Blockchain-basierte Geschäftsmodelle einführen. Es ist einfacher, Konkurrenten aus Asien oder den USA hinterherzulaufen, als selbst etwas zu wagen.

Die Finma, deren Chef Stefan Walter am Point Zero Forum ebenfalls einen Auftritt hatte, stellt sich derweil als innovationsfreundlich dar. Die Behörde nimmt für sich in Anspruch, bei 40 Banken und Wertpapierhäusern Aktivitäten im Krypto-Markt bewilligt zu haben. Zudem hätten zwei Börsenanbieter eine Lizenz für eine Finanzmarktinfrastruktur erhalten.

Finma gibt sich offen fĂĽr Innovation

Der Austausch mit der Fintech- und Krypto-Branche sei wichtig für die Finma, so ein Sprecher. Entsprechend organisiere man jährlich ein bis zwei Round Tables mit den betroffenen Verbänden.

Ja, es gebe Probleme, aber die entstünden anderswo. Bei den Eingaben an die Finma werde ein relativer hoher Anteil «nicht bewilligungsfähiger Gesuche» festgestellt. «Teilweise sind diese Gesuche unzureichend vorbereitet, teilweise zeigen sich Probleme hinsichtlich Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung, teilweise ist die Herkunft der Mittel zur Finanzierung der Gesellschaft unklar und nicht nachvollziehbar oder es liegen intransparente Gruppenkonstellationen mit allenfalls unregulierten oder sogar unerlaubten Finanzdienstleistungsaktivitäten vor», so die schriftliche Stellungnahme.

Diese Herausforderungen würden verschärft durch gewisse Mängel bei der Ausgestaltung der Fintech-Bewilligung selbst. Der Bundesrat habe diese Mängel ebenfalls festgestellt. Der Finma-Sprecher verweist auf eine Gesetzesvorlage für Anpassungen im Finanzmarktrecht, welche das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) zurzeit ausarbeitet.

«Die Vorlage wird im Herbst 2025 in die Vernehmlassung geschickt», heisst es beim SIF. Es sei zwar keine direkte Antwort auf das Zwölfpunkteprogramm der Branche, werde aber inhaltlich einige dieser Bereiche abdecken. Dass allein eine Gesetzesanpassung den Umschwung bringt, ist allerdings unwahrscheinlich.

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