Waldkraiburg: Ex-Mitarbeiter von Gebrüder Weiss äußern Kritik


Former employees of Gebrüder Weiss in Waldkraiburg accuse the company of misleading them about the closure of their location, citing deceptive practices and insufficient communication.
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„Lügerei versteht keiner“: Weitere Ex-Mitarbeiter von Gebrüder Weiss in Waldkraiburg erheben Vorwürfe

Stand: 07.07.2025, 05:51 Uhr

Von: Helena Gennutt

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Hier herrscht seit Ende Mai Stillstand: Der Logistik-Konzern Gebrüder Weiss hat seinen Standort in Waldkraiburg aufgegeben. Nur rund einen Monat zuvor hatte er die Mitarbeiter über die Entscheidung informiert. Diese erheben schwere Vorwürfe. © Helena Gennutt

Nach der Schließung des Logistik-Standorts Gebrüder Weiss in Waldkraiburg erheben zwei weitere Mitarbeiter schwere Vorwürfe gegen den Konzern. Ein Betriebsrat hätte einen Unterschied machen können – doch den gab es nicht.

Waldkraiburg – Sie können es nach wie vor nicht verstehen. „Es ist uns ein Rätsel, wie der Standort Minus machen konnte – die haben das Unternehmen absichtlich in den Graben gefahren”, werfen zwei ehemalige und langjährige Mitarbeiter des Logistik-Standorts Gebrüder Weiss in Waldkraiburg ihrem früheren Arbeitgeber vor. Den OVB Heimatzeitungen sind sie namentlich bekannt, möchten jedoch anonym bleiben.

Wie schon ein anderer ehemaliger Angestellter berichten auch sie von einem vollen Lager, davon, dass immer reichlich Ware da gewesen sei. „Teilweise ist abends beim Verladen Zeug übrig geblieben, wir haben gar nicht alles auf die LKWs gebracht”, sagen sie. Im Leben hätten sie nicht damit gerechnet, dass ihre Firma quasi von heute auf morgen geschlossen wird. Gerade weil es bei der erst 2021 erfolgten Übernahme der Spedition Lode noch hieß, man wolle den Standort ausbauen. „Wir haben gedacht, wir sind bis zur Rente hier drinnen.”

Mitarbeiter offenbar in falscher Sicherheit gewogen

Die Führungsetage habe die Mitarbeiter lange in Sicherheit gewogen. Noch bei der Weihnachtsfeier habe der Chef im Nikolauskostüm wortwörtlich verkündet, sie bräuchten keine Angst um ihren Arbeitsplatz zu haben. „Diese Lügerei versteht keiner: Das ist doch keine Sache, die man über Nacht beschließt, das müssen sie zu Weihnachten schon gewusst haben”, kritisieren die Ex-Mitarbeiter. Tatsächlich wurden sie aber erst am 29. April dieses Jahres über die Schließung Ende Mai informiert.

Wiederholt haben die OVB Heimatzeitungen Gebrüder Weiss um Stellungnahme zu diesem Vorwurf gebeten. Mario Kalkbrenner, Vertriebsleiter Bayern, betont seitens des Unternehmens: „Wie bereits geschrieben, ist die Schließung des Standorts Waldkraiburg nicht leichtgefallen, aber aus wirtschaftlichen Gründen unumgänglich gewesen.” Zu den Hintergründen der Schließung habe man den OVB Heimatzeitungen bereits mehrfach Informationen gesendet, etwa dass die Sendungsmengen stark rückläufig gewesen seien und man bis zuletzt auf eine Verbesserung der konjunkturellen Situation gehofft habe. Zudem habe die Geschäftsführung zu einem detaillierten Interview zur Verfügung gestanden, in dem sie unter anderem auf den extremen Preisdruck und die steigenden Kosten in der Branche verwies. Zu weiteren Nachfragen werde sich das Unternehmen laut Kalkbrenner nicht äußern.

Hohe Preise sollen konkurrenzunfähig gemacht haben

Die ehemaligen Mitarbeiter werfen dem Unternehmen massive Preiserhöhungen vor, stellenweise um bis zu 50 Prozent. „Da kommen Unternehmen aus München günstiger zu unseren Nachbarn, als wir, wo wir rüberschauen können”, kreiden sie an. Nachweisen lässt sich das kaum, die OVB Heimatzeitungen haben bei einigen Kunden nachgefragt. „Wir haben nur wenige Dinge mit Weiss versandt. Deshalb kann ich dazu keine Aussage machen”, schreibt Hans Schmidt von der Hans Schmidt & Co GmbH in Waldkraiburg.

Auch Hans Zacherl, Geschäftsführer der MEDI Kabel GmbH in Waldkraiburg, hält sich bedeckt: Als seriöses Unternehmen werde man keine Betriebsinterna nach außen tragen. Aber dem Unternehmen sei bekannt, dass der Wettbewerb im Speditionsgewerbe enorm sei. „Ich kann nur soviel dazu sagen, dass unser Unternehmen seit Beginn an (38 Jahre) sehr eng und vertrauensvoll mit der Spedition Lode, der Familie Lode und auch deren Nachfolger der Gebrüder Weiss zusammengearbeitet hat”, betont Zacherl. Darum bedauere er für den Industriestandort Waldkraiburg die Schließung sehr. „Dadurch ist im gesamten Landkreis kein einziges Stückgutunternehmen dieser Art mehr vorhanden, was die Standortwahl im Lkr. Mühldorf für bestehende und neue Unternehmen sicher nicht leichter macht.”

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Betriebsrat hätte sich für den Standort starkmachen können

„Wenn ein Standort geschlossen wird, stehen Beschäftige oft schutzlos da”, weiß Nils Schmidbauer, Pressesprecher von ver.di Bayern. Einen Betriebsrat oder eine gewerkschaftliche Organisation innerhalb des Waldkraiburger Standortes gab es nicht. „Das wäre genau das Richtige gewesen”, sagen die ehemaligen Mitarbeiter rückblickend. Dem pflichtet Schmidbauer bei: „Ein Betriebsrat hätte hier frühzeitig informiert werden müssen, hätte mitverhandelt und einen Sozialplan durchsetzen können.” Ohne dieses Gremium bleibe den Beschäftigen meist nur die Rolle der Zuschauer.

Seitens der Gewerkschaft habe man so ebenfalls nichts von der Standortaufgabe mitbekommen. „Mit Betriebsrat und gewerkschaftlicher Unterstützung können Alternativen zur Schließung geprüft, faire Abfindungen, Qualifizierungsangebote und andere Schutzmaßnahmen verhandelt werden”, erklärt Schmidbauer. Zudem biete eine Gewerkschaft rechtliche Beratung, sorge für öffentlichen Druck und politische Unterstützung. „Beschäftigte sind besser geschützt, wenn sie organisiert sind. Nur wer sich gewerkschaftlich engagiert und Betriebsratsstrukturen aufbaut, hat ein echtes Mitspracherecht und bessere Chancen in der Krise“, fasst Schmidbauer zusammen.

Enttäuschung und Unverständnis bleiben

Den ehemaligen Mitarbeitern hilft das nicht mehr. Zurück bleiben vor allem Enttäuschung und Unverständnis. In der Logistik-Branche, insbesondere als Fahrer, eine neue Stelle zu finden, sei dagegen weniger ein Problem – einer der beiden hat direkt im Anschluss ein neues Arbeitsverhältnis begonnen. „Das Schlimmste ist für uns das Märchenerzählen, so geht man nicht mit den Leuten um”, sagen sie.

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