Schnelle E-Bikes gelten als Töffli, viele wissen das nicht | Berner Zeitung


Neue Verkehrsregeln –

Schnelle E-Bikes gelten jetzt als Töffli – doch das begreifen längst nicht alle

In Bern müssen E-Bikes mit gelber Nummer neu auf die Busspur oder Strasse ausweichen. Ein Augenschein auf der Monbijoubrücke zeigt: Das funktioniert oft noch nicht.

Diese E-Bike-Fahrerin macht es auf der Monbijoubrücke richtig: Sie hat die Busspur genommen.Foto: Adrian Moser
In Kürze:
  • Die Stadt Bern verlagert schnelle E-Bikes auf der Monbijoubrücke neu auf die Busspur.
  • Nur die Hälfte der E-Bike-Fahrenden beachtet die neue Regelung bis jetzt.
  • Zwischen Helvetiaplatz und Burgernziel müssen schnelle E-Bikes auf der Strasse fahren.
  • Eine Sensibilisierungs­kampagne mit roten Herzen mahnt zur gegenseitigen Rücksichtnahme.

Einmal sei ihre Tochter auf dem Schulweg gar von einem Fahrrad gestreift worden, erzählt eine Mutter aus dem Berner Kirchenfeldquartier. Der Schulweg der Drittklässlerin führt seit Beginn des neuen Schuljahres über die Monbijoubrücke ins Schulhausprovisorium auf dem Gaswerkareal.

Die Kinder teilen sich das Trottoir mit Velos, die schnell unterwegs sind. Lediglich eine gelbe Markierung trennt die Fahrrad- und die Fussgängerspur. «Für unsere Kinder ist das gefährlich!»

Denn manchmal würden die schnellen E-Bikes die langsameren Velos rechts überholen und dabei auf die Fussgängerspur ausweichen, sagt die Mutter weiter.

Im morgendlichen Stossverkehr ist es auf der Monbijoubrücke eng – und für die Schulkinder auch mal gefährlich.Foto: Adrian Moser

Mehr noch: Derzeit wird etwa in der Mitte der Brücke eine zweite Treppenanlage gebaut. Auf der Höhe der Baustelle müssen die Kinder deshalb auf den Velostreifen ausweichen.

Die Eltern haben noch vor den Sommerferien eine Petition eingereicht – und die Stadtverwaltung hat mittlerweile reagiert. Seit Anfang des neuen Schuljahres müssen die schnellen E-Bikes mit gelber Nummer auf der Busspur fahren.

E-Bikes gelten als Mofas

Allerdings kapiert das bloss die Hälfte der E-Bike-Fahrenden, wie ein Augenschein am Mittwochmorgen kurz vor Unterrichtsbeginn zeigt. Ihre Spur ist mit einem gelben Mofa markiert. «Nicht allen ist bewusst, dass ihr schnelles E-Bike zur Kategorie der Töffli zählt», sagt Michael Sutter von Pro Velo Bern.

Das Mofa-Signal ist eine Erfindung des Bundesamts für Strassen. Seit dem 1. Juli 2025 gelten nämlich neue Verkehrsregeln.

Etwas verkürzt gesagt, sind jetzt alle Fahrzeuge, die kein Auto sind, Fahrräder. Nebst den klassischen Velos sind das E-Bikes, Mofas, Roller, Rollstühle mit Motor und Cargo-Bikes oder Rikschas. Sie dürfen oder müssen auf dem Veloweg fahren, wo dies mit einem Fahrrad-Symbol gekennzeichnet ist.

Diese E-Bike-Fahrerin hat die falsche Spur gewählt. Die Signalisation ist eher schwer verständlich.Foto: Adrian Moser

Aber: Alle Fahrzeuge, die ein gelbes Nummernschild brauchen, gelten als Motorfahrräder. Das sind nebst den Benzin-Töffli die schnellen E-Bikes und die schweren Cargo-Bikes.

Mit dem Mofa-Symbol können sie vom Veloweg ausgeschlossen oder auf eine gesonderte Spur geschickt werden, so wie auf der Monbijoubrücke.

Zwischen den Autos im Stau

In Bern gilt ein solches Mofa-Verbot auch zwischen Helvetiaplatz und Burgernziel. Die langsamen E-Bikes dürfen dort wie die Velos und Scooter auf dem Trottoir fahren. Die schnellen müssen sich aber zwischen den Autos auf der Thunstrasse einreihen.

Für Geübte sei das kaum ein Problem, sagt Sutter von Pro Velo. «Aber etwa mit einem Kind im Anhänger ist das eine sehr unangenehme Situation.» Zu Stosszeiten hat es zu wenig Platz, um rechts an der stehenden Kolonne vorbeizufahren.

Auf der Thunstrasse ist es für die Velos eng. Das war vor 20 Jahren so – wie auf dem Bild – und ist es heute noch.Foto: Michael Schneeberger

Bei der städtischen Verkehrsplanung ist man sich dessen bewusst. Die Regeln würden aber keine Ausnahmen für schnelle E-Bikes mit Kinderanhänger zulassen, sagt Eva Krattiger von der Fachstelle Fuss- und Veloverkehr. «Wir müssen die Gefahr für die Fussgänger auf dem Trottoir und die Gefahr für die Velofahrerinnen auf der Strasse gegeneinander abwägen.» Kinderanhänger an schnellen E-Bikes seien zum Glück eher selten.

In anderen Mischzonen – etwa auf dem Kornhausplatz – dürfen auch die Mofas und schnellen E-Bikes mit angepasstem Tempo fahren. Wo es vermehrt zu Konflikten komme, prüfe die Stadt mögliche Massnahmen, sagt Krattiger. Und langfristig sollen dort, wo es der Platz erlaubt, der Fuss- und der Veloverkehr baulich getrennt werden.

Mit Herzen am Boden bittet die Stadt um gegenseitige Rücksicht und Aufmerksamkeit. Eine Baustelle auf dem Fussgängerweg verknappt den Platz zusätzlich.Foto: Adrian Moser

Vorerst hat die Stadt in den Mischzonen aber eine Sensibilisierungskampagne mit Klebern auf dem Boden lanciert. Rote Herzen fordern zu gegenseitiger Rücksicht und langsamem Fahren auf.

Auch auf dem Trottoir der Monbijoubrücke kleben welche, und eine bunte Bemalung macht auf die Kinder aufmerksam. Wenn sich die Situation nicht zufriedenstellend entwickle, seien vermehrte Kontrollen durch die Polizei möglich, sagt Krattiger.

Den Eltern aus dem Kirchenfeld ist das nicht genug. Sie hätten lieber, dass alle Fahrräder auf die Busspur geführt würden. Das will aber die Stadt nicht. Sie argumentiert mit der Sicherheit der langsamen Velos. Die Busspur sei zu schmal, um ein Velo mit dem Auto zu überholen. Die Spur ist im Pilotversuch dem «notwendigen Wirtschaftsverkehr» vorbehalten.

Verkehr auf der beanspruchten Monbijoubrücke
Naomi Jones ist Redaktorin im Ressort Bern. Sie schreibt vorwiegend über Bildung. Aber immer gerne auch über Umwelt, Politik oder über Tagesaktuelles.Mehr Infos

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