This article discusses the challenges faced by the Swiss Army in recruiting Generation Z. Many young recruits are leaving the service early, citing issues with the military culture, finding the training to be pointless and lacking meaning. The article highlights a mismatch between the army's traditional hierarchical structure and the values of Gen Z, who prioritize self-determination and meaning in their work.
The Swiss Army experiences over 11,000 early departures annually, a trend that is worsening. This is a cause for concern given the current geopolitical climate and the need for increased military personnel. The article quotes statistics from the ETH Zurich’s study on “Security 2025” and the Swiss Department of Defence, illustrating the extent of the issue and the growing concern of reduced operational readiness.
The article explores the generational conflict between traditional military leadership styles and Gen Z’s expectations. Some recruits describe their experience as involving mindless drills, pointless activities, and even instances of harassment. However, it also presents counterarguments, with a school commandant emphasizing the ongoing efforts to improve the army’s organizational culture. Initiatives like creating “social contracts” among recruits to define acceptable conduct are mentioned as attempts to address this.
The article emphasizes the mental health implications of military service, noting a significant rise in the number of recruits seeking psychological help. The increased pressure and stress caused by the war in Ukraine are suggested as exacerbating factors.
AboKulturclash in der Armee –
«Sinnlos rumballern» im Militär geht für viele der Generation Z nicht mehrDrill und steile Hierarchien: Viele Junge brechen die Rekrutenschule ab, weil die Kultur im Militär nicht zu ihrem Selbstverständnis passt. Der Armee droht ein Nachwuchsproblem.
Stundenlang sei er einfach nur «dumm herumgestanden», sagt Elias (Name geändert). Oder mit einem Militärfahrzeug durch die halbe Schweiz gefahren. Infanteriekollegen hätten ohne klar ersichtliches Ziel Unmengen an Munition «verballern» müssen. Der 21-Jährige ist froh, dass seine Rekrutenschule im vergangenen Mai zu Ende ging. «Wir haben so viele Dinge gemacht, die einfach keinen Sinn ergeben.»
Solche Beschwerden sind so alt wie die Dienstpflicht, doch mit der Generation Z akzentuieren sich die Probleme. Denn diese Generation zeichnet sich durch persönliche Freiheit und Selbstbestimmung aus. «Das ist ein Konflikt im Militär», sagt Elias. «Unsere Generation wird darauf trainiert, Sinnhaftigkeit in den Dingen zu sehen und selbstständig zu denken. Aber das möchten sie bei der Armee nicht. Sondern, dass man einfach den Befehlen folgt.»
Vielen jungen Menschen geht es ähnlich wie Elias, wie Gespräche mit verschiedenen Armeeangehörigen und Experten zeigen. Dadurch ergibt sich ein grundsätzliches Problem: Seit Russland die Ukraine überfallen hat, möchten westliche Länder ihre Armeen aufrüsten. Doch überall fehlt es an Personal. Die deutsche Bundeswehr will ihren Bestand eigentlich auf 203’000 Soldaten und Soldatinnen erhöhen, doch in Realität ist die Zahl in letzter Zeit sogar leicht auf 181’000 gesunken. In Italien fehlen rund 45’000 Soldaten, und auch die Briten beklagen einen Unterbestand. Und in der Schweiz? Hier brechen jedes Jahr über 10’000 Armeeangehörige ihren Dienst ab. Es herrscht Krieg in Europa, die weltpolitische Lage ist beunruhigend, doch gleichzeitig sehen viele junge Menschen im Wehrdienst vor allem sinnlose Aktivitäten, Drill und Schikanen. Die Kultur der Armee passt nicht in ihre Welt.
Ein Schulkommandant, ein Psychiater, der Soldaten begutachtet, und verschiedene Rekruten erzählen, wie sie diesen «Kulturkampf» erleben.
Marc Schibli ist seit über 20 Jahren Berufsoffizier. In dieser Zeit, zuletzt als Kommandant der Infanterieschule in Chur, hat er erlebt, wie sich die Einstellung der jungen Männer und Frauen gewandelt hat. «Früher hat man den Dienst aus einem Pflichtgefühl heraus gemacht, heute haben die Rekruten einen individualisierten Zugang.» Es gehe ihnen mehr um die Frage, welchen Mehrwert sie für sich herausholen können, als darum, die verfassungsmässige Pflicht wahrzunehmen. Das sei nicht per se negativ, sagt Schibli. «Die Rekruten sind informierter über Aufgaben, wenn sie kommen, und insgesamt reflektierter, als wir das früher waren.» Klar sei es für die Führungspersonen manchmal auch schwierig, «wenn die Leute mit ihren eigenen Ideen und Vorstellungen kommen». Führen umfasse heute einen sehr grossen Anteil an Sinnvermittlung.
Die Armee tue viel, um die Organisationskultur zu verbessern, erzählt der Schulkommandant. «Früher hat der militärische Chef allein das Wissen gehabt, er stand vorne hin und schrieb die Zielsetzungen auf ein Plakat. Und so wurde es dann auch gemacht.» Heute versuche man, die Rekrutinnen und Rekruten so zu führen, «dass sie mitdenken, Verantwortung übernehmen». Aber die Befehlskette, von oben nach unten sei unumgänglich, damit die Truppe in Extremsituationen funktioniere. «Jeder kann sich einbringen, wenn es darum geht, während der Ausbildung neue Wege zu finden. Aber im Ernstfall muss schnell befohlen und umgesetzt werden.»
Genau damit haben offenbar viele junge Menschen ein Problem. Eigentlich geniesst die Armee ein sehr hohes Ansehen. 80 Prozent der Schweizer Bevölkerung halten sie für notwendig, wie die repräsentative Erhebung «Sicherheit 2025» der ETH Zürich zeigt. Gleichzeitig unterstützen so viele Menschen wie noch nie höhere Ausgaben für die Verteidigung.
Doch trotz dieser Wertschätzung ‒ und ausgerechnet in einer Zeit, in der ein bewaffneter Konflikt realistischer scheint als noch vor wenigen Jahren ‒ läuft dem Militär der Nachwuchs davon. «Die Armee kann in den nächsten Jahren eine ausreichende personelle Alimentierung nicht sicherstellen. Ein wesentlicher Grund dafür sind die vorzeitigen Abgänge», teilte die Landesverteidigung letzten November mit. Mehr als 11’000 Personen scheiden pro Jahr vor der Erfüllung ihrer Militärdienstpflicht aus der Armee aus, Tendenz steigend. Der Grossteil wechselt in den Zivildienst. «Mittelfristig sinkt dadurch die Einsatzbereitschaft.» Die Diensttauglichkeit für das Militär lag zuletzt bei 70 Prozent, wobei es grosse kantonale Unterschiede gibt. In Luzern, Baselland oder Obwalden lag die Quote über 80 Prozent, im Wallis unter 60.
Das Verteidigungsdepartement gab eine Studie in Auftrag, um die Gründe für die zahlreichen Abgänge festzustellen. Das Resultat vom vergangenen Herbst: Junge Menschen finden den Zivildienst sinnvoller – und im Umkehrschluss das Militär weniger nützlich. Das war einer der meistgenannten Gründe für einen Wechsel. Über die Hälfte der Befragten bekundete zudem Mühe mit dem Führungsstil oder den hierarchischen Strukturen, wie es im Bericht heisst.
Im Austausch mit aktuellen und ehemaligen Rekruten bestätigt sich dieser Eindruck. «Wir wurden ständig angeschrien und erniedrigt», erzählt Lars (Name geändert). «Trotz grosser Bemühung bei Aufgaben wie dem Bettenmachen war es nie gut genug, und wir wurden bestraft. Bei einer Helmkontrolle wurde mir mal heftig gegen den Kopf geschlagen. Das war reine Schikane», sagt der 25-Jährige.
Der eingangs erwähnte Elias berichtet von ähnlichen Erfahrungen. «Es kommt oft vor, dass sie dir irgendeine Strafe aufbrummen, und du weisst nicht mal genau, wofür. Teils ist es reine Schikane oder ein verletztes Ego.» So sei man eines Tages sieben Stunden zum Herumsitzen verdonnert worden, weil der Kommandant mit der Gruppe nicht zufrieden war. «Theoretisch kann der Kadi ein Disziplinarverfahren für alles einleiten. Das hat er uns auch am ersten Tag so gesagt – wenn er Lust hat, dann findet er auch etwas.»
Noah, der selber Wachtmeister war, hat mehr Verständnis für den strengen Führungsstil. Die Gründe dafür erläutert er im Video-Interview:
Die Studie im Auftrag des Bundes rät der Armee, die Organisationskultur zu verbessern. Eine Empfehlung, die laut Schulkommandant Schibli bereits umgesetzt wird. «Der Umgangston hat sich enorm gewandelt», sagt er. «Wir wollen auf Augenhöhe mit den Rekrutinnen und Rekruten kommunizieren.» Früher seien viele Vorgesetzte herablassend aufgetreten. «Leider gibt es das immer noch. Aber wenn wir davon erfahren, nehmen wir Einfluss.»
Es gebe keine rote Liste mit Begriffen, die nicht mehr verwendet werden dürfen, sagt Schibli. Stattdessen erarbeite man in Chur neuerdings mit den Rekruten pro Zug ein eigenes Credo. «Da wird definiert, wie man miteinander umgehen will. Oder was man macht, wenn es zu einem Konflikt kommt.» Eine Art Sozialvertrag, selbst ausgearbeitet von den Armeeangehörigen.
Und die Kollektivstrafen? Für Berufsoffizier Schibli sind sie aus der Zeit gefallen. «Sie waren noch nie ein wirksames Mittel», sagt der Schulkommandant, «Aber ich würde lügen, wenn ich sage, dass es sie nicht mehr gibt. Wo immer wir das feststellen, nehmen wir Einfluss.»
Irgendwann stellt sich im Gespräch mit dem Schulkommandanten die Frage, ob die Rekruten heute bereit sind, sollte der Kriegsfall eintreffen. Ist die Generation Z belastbar genug? «Es reicht beim absoluten Grossteil für die Grundausbildung», antwortet Schibli. «Aber es gibt tatsächlich immer mehr Leute, die psychisch vorbelastet in die Armee kommen.»
Im vergangenen Jahr meldeten sich 1169 Personen beim Psychologischen Dienst der Armee. Rund 60 Prozent hatten Probleme mit dem Übertritt in das körperlich und mental fordernde Umfeld des Militärs.
Christian Jenny kennt die Sorgen vieler Rekruten. Er ist Psychiater in Baden AG und begutachtet seit über 30 Jahren ein- bis zweimal pro Monat Männer, die vom Militär wegwollen. Weil es heute den Zivildienst gebe, kämen sie nicht aus politischen Gründen zu ihm, sondern wegen ernsthafter psychischer Probleme, sagt er. Die jungen Menschen seien heute beim Einstieg in die Erwachsenenwelt stärker entmutigt als früher. Ihre Selbstzweifel seien grösser. Ein Teil entwickle in der RS deshalb eher Anpassungsstörungen, sagt der Psychiater. «Nach den ersten zwei Wochen schlafen sie nicht mehr richtig, sind depressiv verstimmt und entwickeln Ängste. Sie sehen je länger je mehr, dass es einfach nicht geht.» Der Umgang der Vorgesetzten sei dabei ein wichtiges Thema. «Ich höre von Jungen, sie hätten eigentlich ins Militär gehen wollen, doch der Vorgesetzte habe sie so geplagt oder blossgestellt, dass sie es nicht mehr aushalten würden.» In der Tendenz schluckten die jungen Männer früher eher quälende Situationen. Heute liessen sie sich nicht mehr so viel bieten und nähmen rascher psychiatrische Hilfe in Anspruch.
Aber natürlich gebe es auch gute Gruppenleiter, sagt Jenny, und die jungen Männer würden aus anderen Gründen leiden. So kämen immer wieder auch Menschen mit Migrationshintergrund zu ihm. Sie seien zwar in der Schweiz aufgewachsen und hätten einen Schweizer Pass. Aber die Familie habe in einem Krieg vielleicht Verwandte verloren. «Sie erzählen mir, sie könnten schon beim Gedanken an die RS, an die Uniformen, die Schiessübungen nicht mehr richtig schlafen, sie hätten grosse Angst.»
Auch Lars ging es im Militär nicht gut, die RS habe ihn zu einem schlechten Zeitpunkt erwischt, als es ihm privat nicht gut ging. Was ihn während seiner RS besonders belastete, erzählt er im Video-Interview:
Der in Europa aktuell herrschende Krieg steigert laut Experten zwar die Sinnhaftigkeit der Rekrutenschule, er kann auf der anderen Seite aber auch verunsichern und Angst machen. «Für mich ist es durch den Krieg in der Ukraine fast schwieriger geworden, weil die Szenarien jetzt realistischer sind», erzählt Elias. «Wenn du Schiessen gehst, dann lernst du: Zuerst die Beine treffen, dann den Kopf, wenn er sich dann noch bewegt, nochmals schiessen. Das finde ich extrem schwer, weil du checkst, dass es deine Aufgabe wäre, einen Menschen zu töten.»
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