Douglas Rushkoff's book, "Survival of the Richest," details a disturbing trend among tech billionaires: their preoccupation with escaping impending global catastrophes instead of addressing them. Rushkoff recounts a meeting where wealthy tech leaders discussed escape plans for a potential societal collapse, focusing on locations like New Zealand or Alaska.
The billionaires' discussions centered on "the event," a broad term encompassing various scenarios like climate change, war, or technological disasters. Their focus was on securing personal survival, not solving global challenges. Proposed escape plans ranged from underground bunkers to high-tech seafaring vessels.
Rushkoff analyzes the mindset driving this behavior, highlighting contradictions. These billionaires believe in technology's power to solve problems, yet also fear its potential to create unsolvable ones. Their actions, he argues, reveal a desire to escape the consequences of their own actions, embodying the dynamic of continuous progress that ignores resource limitations.
Rushkoff critiques the growth-oriented mindset of these individuals. He views their escape plans as a symptom of a system where elites consistently escape the negative impacts of their own actions, achieving new levels of "progress" even when such progress is unsustainable. He advocates for abandoning the pursuit of perpetual growth, suggesting a move towards a circular economy as a potential solution.
Ultimately, Rushkoff argues that there is "no escape." The pursuit of individual survival via technology is a futile attempt to outrace inevitable consequences. He concludes with a melancholic tone, reflecting on the shift from early internet ideals toward a commercially driven reality, contrasting the naive optimism of early internet enthusiasts with the cynical pragmatism of today's tech elite.
Statt auf ein Leben im Paradies bereiten sich Tech-Milliardäre auf «das Ereignis» vor. Die bevorstehende Katastrophe. Der Medientheoretiker Douglas Rushkoff versucht zu erklären, warum.
Es war vor ein paar Jahren. Der amerikanische Medientheoretiker Douglas Rushkoff wurde eingeladen, einen Vortrag zu halten. Er rechnete damit, vor Investmentbankern über die Zukunft der digitalen Technologie zu sprechen. Doch diesmal war einiges anders als sonst. Das Honorar entsprach rund einem Drittel von Rushkoffs Jahreseinkommen an der Universität. Er flog Businessclass, im Flugzeug gab es vorgewärmte Nüsse. Am Flughafen wurde er mit einer Limousine abgeholt und in die Wüste gefahren.
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Schliesslich, mitten im Nirgendwo: ein riesiges Areal, futuristische Gebäude aus Stein und Glas. Wie in einem Bond-Film. Um den Pavillon zu finden, in dem er untergebracht war, brauchte Rushkoff einen Lageplan. Am nächsten Tag wurde er abgeholt und in ein Konferenzzentrum gefahren. Statt eines Auditoriums ein grosser Tisch. Statt hundert Investmentbankern fünf superreiche Männer aus der Tech- und Hedge-Funds-Szene. Die Namen dürfe er nicht nennen, sagt Rushkoff. Er habe eine Vereinbarung unterschreiben müssen. So beschreibt er es in seinem neuen Buch «Survival of the Richest».
Dann ging’s los. Ein bisschen Smalltalk über Blockchain und Virtual Reality. Wer wird den ersten funktionsfähigen Quantencomputer haben, China oder Google? Rushkoff spürte bald: An seinen Überlegungen zur Zukunft der Technologie waren die Herren überhaupt nicht interessiert. Ihnen ging es um etwas ganz anderes. Schliesslich stellten sie die Frage, wegen der sie ihn eingeladen hatten: Neuseeland oder Alaska?
Wo, sollte das heissen, könnte man sich in Sicherheit bringen, wenn der Klimawandel weite Teile der Welt unbewohnbar gemacht hat? Wo würde man von einem Krieg, in dem vielleicht biologische Waffen eingesetzt werden, am wenigsten betroffen? Braucht der Zufluchtsort ein eigenes System zur Versorgung mit Atemluft? Und: Wie stellt man sicher, dass sich die eigenen Sicherheitsleute nicht plötzlich gegen einen verschwören?
Der Blick der Tech-Giganten in die Zukunft sei beherrscht von einer Erwartung, schreibt Rushkoff: dass das «Ereignis» eintreten wird. Näher benannt wird es nicht. Aber die Eingeweihten wissen, was man sich darunter alles vorstellen könnte: einen Umweltkollaps, Sonnenstürme, gesellschaftliche Unruhen bis zum Bürgerkrieg, die Explosion einer Atombombe, eine Virusepidemie oder Hackerangriffe, die Computersysteme lahmlegen und ganze Volkswirtschaften zum Absturz bringen.
Rushkoff war schockiert. «Ich versuchte, sie zur Räson zu bringen», schreibt er im Buch. Die Herausforderungen, vor denen die Welt stehe, liessen sich am besten gemeinsam bewältigen, erklärte er ihnen. Doch das überzeugte die fünf Herren nicht. «Dies war wahrscheinlich die reichste, mächtigste Gruppe von Menschen, der ich je begegnet war», resümiert er, «und jetzt baten diese Männer einen marxistischen Medientheoretiker um Rat, wo und wie sie ihre Bunker für den Weltuntergang anlegen sollten.»
Erst nachträglich, schreibt Rushkoff, habe er verstanden, dass der Talk in der Wüste für diese Menschen tatsächlich ein Gespräch über die Zukunft der Technologie war. Er versuchte das Weltbild zu entschlüsseln, das hinter den Fluchtideen steckt. Hinter der Besessenheit vom Untergang. Und der Angst vor dem Ende. Das Denken der Männer war geprägt von den Ideen des Palantir-Gründers Peter Thiel. Von KI-Entwicklern wie Sam Altman und Ray Kurzweil und dem SpaceX-Visionär Elon Musk. Es waren Investoren, Unternehmer, die ihren Erfolg wesentlich den Risiken verdankten, die sie einzugehen bereit waren.
Eigentlich, fand Rushkoff, müssten diese Menschen doch ganz anders denken. Ihr Ziele müssten darin bestehen, die Welt in eine strahlende Zukunft zu führen, in der man nicht mehr altert, vielleicht unsterblich wird. Unbegrenzte Möglichkeiten für alle. Stattdessen dachten diese Leute nur über eines nach: wie sie ihre nackte Haut retten könnten, wenn die Welt unbewohnbar wird.
In «Survival of the Richest» versucht Rushkoff, das «Mindset» zu ergründen, das seine Gesprächspartner in der Wüste dazu brachte, sich unterirdische Bunkeranlagen bauen zu lassen. Oder Hightech-Flösse, die ausserhalb von nationalen Hoheitsgewässern durch die Ozeane treiben. Sein Fazit: Technologie sei für die Tech-Milliardäre letztlich nicht dazu da, das Leben der Menschen zu verbessern, sondern sei für sie ein Weg, der Welt zu entkommen. Ins All, auf einen anderen Planeten. Oder in ein Metaversum, in dem sich der Unterschied zwischen virtueller, erweiterter und banaler Alltagsrealität in Wohlgefallen auflöst.
Diesem «Mindset» liegt für Rushkoff ein seltsamer Widerspruch zugrunde: Einerseits besteht ein fast blindes Vertrauen darauf, dass sich alle Probleme der Menschheit durch Technologie lösen lassen. Anderseits die tiefe Überzeugung, dass genau diese technologische Entwicklung Probleme schaffen wird, die nicht mehr lösbar sind und die Welt in einen Abgrund führen, dem sich nur noch wenige entziehen können: «Es ist», sagt Rushkoff, «als wollten sie ein Auto bauen, das schnell genug fährt, um seinen eigenen Abgasen zu entkommen.»
Aber das ist für Rushkoff nur die eine Seite. Im Weltbild der Tech-Giganten zeigt sich seiner Ansicht nach auch die grundsätzliche Dynamik des westlichen Fortschrittsstrebens. Damit meint er: eine von der Verheissung ewigen Aufstiegs bestimmte Sicht der Welt, deren Anhänger nicht damit leben können, dass sich Ressourcen und Wachstum erschöpfen. Da meldet sich dann der Marxist Rushkoff zu Wort.
Bis jetzt, lehrt er etwas vage, habe jeder Fortschritt die Eliten in die Lage versetzt, sich den negativen Auswirkungen des von ihnen geförderten Fortschritts zu entziehen. Auf ein neues Level des Fortschritts. Immer weiter also, auch wenn es eigentlich kein Weiter mehr zu geben schien. Damit sei es nun fertig. Die einzige mögliche Flucht bestehe noch darin, das System selbst zu verlassen. In die private Hochsicherheitsanlage in den Wäldern von Pennsylvania oder in verblasene Visionen vom Leben im Metaversum.
Keine Rettung also? Eigentlich nein, aber irgendwie vielleicht doch, findet Rushkoff. Von der Idee des Wachstums jedenfalls müsse man sich verabschieden. Wie, sagt er freilich nicht. Das Stichwort «Kreislaufwirtschaft» muss genügen. Das ist wenig. Aber es passt zu einem Buch, in dem präzise Beobachtungen zum Denken der Tech-Giganten bisweilen in selbstverliebter Geschwätzigkeit untergehen.
Durch Rushkoffs Denken zieht sich ein melancholischer Grundton. Er ist eigentlich ein Tech-Freak. In den Anfängen des Internets gehörte er zu den Cyberpunks. Das war Anfang der neunziger Jahre, und die Welt schien sich gerade um eine Dimension erweitert zu haben. Nur digital natürlich. Aber um eine Dimension, die unbegrenzte Möglichkeiten versprach: eine demokratischere und gerechtere Welt.
Es kam anders. Das Internet, so Rushkoff, wurde von der bösen Wirtschaft als Business Place entdeckt. Es wurde kommerziell und damit uninteressant für die Träume der Internet-Hippies. Rushkoff trauert der besseren Welt noch immer nach. Und sieht mit leichter Schadenfreude, dass die Fluchtphantasien der Tech-Milliardäre ebenso illusorisch sind wie es seine Hoffnungen auf die digitale Revolution vor dreissig Jahren waren. «Es gibt kein Entkommen», hält er fest, mit einen Hauch Selbstzufriedenheit. Und vergisst vielleicht, wie nah die Hoffnungen der Cyberpunks von damals bei den Ideen der Tech-Giganten von heute sind.
Douglas Rushkoff: Survival of the Richest. Warum wir vor den Tech-Milliardären nicht einmal auf dem Mars sicher sind. Aus dem Englischen von Stephan Gebauer. Suhrkamp-Verlag, Berlin 2025. 281 S., Fr. 34.90.
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