Stand: 07.04.2025, 11:15 Uhr
Von: Beatrice Oßberger
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300 Schüler und Eltern aus ganz Bayern sind in München für die Abschaffung von unangekündigten Tests an Schulen auf die Straße gegangen. Sie wollen ihren Protest noch ausweiten. Am Dienstag (8. April) soll eine Petition im Bayerischen Landtag übergeben werden.
München – Erst am vergangenen Mittwoch hat Isi eine Ex schreiben müssen – in Musik. Es sei ihr ganz gut gegangen, erzählt die 15-Jährige, die nach eigenen Aussagen eine passable Schülerin ist. „Aber um die Noten geht es auch nicht“, sagt die Gymnasiastin aus Weilheim. „Es geht um das Gefühl, dass man als Schüler jeden Morgen mit einem flauen Gefühl in die Schule geht, weil vielleicht eine Ex oder Abfrage droht.“ Das ist für den Spaß am Lernen nicht förderlich, findet sie.
Genau deshalb steht Isi jetzt am Sonntag (6. April) auf dem Wittelsbacherplatz in München, um gemeinsam mit anderen Schülern, mit Eltern und weiteren Unterstützern für die Abschaffung von Stegreifaufgaben und Abfragen zu demonstrieren. Rund 300 Teilnehmer sind es, schätzt die Polizei. Unter anderem hatten auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Bayerische Elternverband zu der Demonstration aufgerufen.
Auf dem Podium spricht die Schülerin Amelie N. Sie könne sich noch gut an ihre erste Abfrage in der fünften Klasse erinnern, sagt sie. „Mein Kopf war leer, und ich habe mich wie ausgeliefert gefühlt.“ Eigentlich habe sie den Stoff gekonnt, aber ihre Panik habe alles überdeckt. Die 17-Jährige setzt sich seit Monaten dafür ein, dass es an Schulen künftig keine unangekündigten Leistungsnachweise mehr gibt. Sie hat dafür eine Petition gestartet. Mehr als 53 000 Unterstützer haben bisher unterschrieben. Am Dienstag (8. April) soll die Petition im Landtag übergeben werden.
Die Initiatoren richten sich auch gegen das „undemokratische Machtwort“ (Amelie N.), des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Der hatte sich im vergangenen Herbst in die Diskussion um die Stegreifaufgaben eingeschaltet und diese für beendet erklärt. Exen und Abfragen würden natürlich bleiben, sagte er. Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler), die über diese Frage einen offenen Dialog hatte führen wollen, musste ihren Vorstoß relativieren. „Bei all unseren Bemühungen geht es immer darum, unsere jungen Menschen stark für das Leben zu machen und hierzu können auch unangekündigte Leistungsnachweise beitragen“, erklärte die Ministerin am Wochenende auf Anfrage.
Mehr zum ThemaHandyverbot an Schulen? „Absolut richtig“ contra „Schüler müssen ein Handy haben“Laut Söder würde das Abschaffen von Exen und Abfragen die Leistungsdichte verschlechtern. Eine Studie des Bayreuther Erziehungswissenschaftlers Ludwig Haag, der ebenfalls zur Demo gekommen ist, kommt zu einem gegenteiligen Ergebnis. Laut dieser Studie führten unangekündigte Leistungsnachweise zu weniger Freude am Lernen und schlechteren Leistungen. „Warum müssen in Bayern unter Angstbedingungen Leistungsnachweise stattfinden?“, fragt er in seiner Rede. Die meisten anderen Bundesländer würden anders verfahren und seien damit erfolgreich.
In Bayern sind unangekündigte Tests nicht verpflichtend. Es hängt von der Schule und von dem Lehrer ab, ob diese tatsächlich durchgeführt werden. In einige Schulen wie auf dem Gymnasium Freiham wird bereits auf Exen verzichtet. Zum Schluss ihrer Rede kündigt Amelie N. an, den Protest auszuweiten. Sie verspricht: „Wir machen so lange weiter, bis sich wirklich etwas ändert.“
Das flaue Gefühl, wenn der Lehrer plötzlich die Stegreifaufgabe ankündigt oder die Schrecksekunde, wenn der eigene Name für die Abfrage aufgerufen wird, kennt vermutlich jeder, der mal selbst Schüler war. Die Frage ist: Abschaffen oder beibehalten? Ist es noch zeitgemäß, diese Ängste weiter zu befeuern, mit unangekündigten Exen oder Abfragen, oder weiß man es mittlerweile besser? Ist diese Art der Leistungserhebung grundsätzlich sinnvoll oder gibt es andere Wege? Schreibt uns Eure Meinungen an leserbriefe@ovb24.de (Kennwort „Exen“) mit Eurem Namen und Eurem Wohnort und am besten noch mit einem Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt Namen und Wohnort anschließend in einem entsprechenden Artikel. Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern.
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