Darf die Bundespolizei eine Auslandsreise wegen der „Gefahr der Ansehensschädigung der Bundesrepublik“ verbieten? - Epoch Times (Deutsch)


AI Summary Hide AI Generated Summary

Background

The article discusses a case where German authorities prevented members of the Identitarian Movement (IB), a group classified as right-wing extremist by German authorities, from traveling to Italy to attend a migration-critical conference. This raises questions about the legality and scope of restricting citizens' freedom of movement.

The Incident

Eight IB members were stopped at Munich Airport and temporarily barred from leaving the country. Authorities justified this action by claiming the individuals posed a significant risk of damaging Germany's international reputation by associating with a conference propagating right-wing extremist views.

Legal Challenges

The IB members challenged the travel ban, but both the Munich Administrative Court and the Bavarian Administrative Court of Appeal rejected their appeals. The courts' reasoning centered on the potential damage to Germany's international image and the belief that the conference itself, even if held privately, could garner considerable publicity.

  • The courts emphasized that the potential damage to Germany's reputation outweighed the right to free movement in this particular case.
  • The courts did not differentiate between different factions of right-wing extremism.

Legal Basis

The article also details the legal framework surrounding travel restrictions in Germany. While the right to leave the country is guaranteed under fundamental law and international human rights declarations, exceptions exist under Paragraph 10 of the German Passport Act, which allows authorities to bar individuals from leaving the country under certain circumstances, such as when there is a threat to national security or public order.

Open Questions

The article highlights that several questions remain unanswered, including how the authorities obtained information about the IB members' travel plans, and how frequent these type of travel bans are implemented.

Conclusion

The case highlights the complexities of balancing national security concerns with fundamental rights, specifically the right to freedom of movement. The legal challenges raised and their outcome underscore the ongoing debate surrounding the powers of the state in dealing with right-wing extremism and its potential impact on a nation's international reputation.

Sign in to unlock more AI features Sign in with Google

Die DDR hinderte einen Großteil ihrer Bürger jahrzehntelang, ihr Territorium zu verlassen. Auch in der wiedervereinigten Bundesrepublik Deutschland erlaubt das Gesetz noch 36 Jahre nach dem Mauerfall, unter bestimmten Bedingungen Auslandsreisen ihrer Bürger zu untersagen.

Das Thema ist spätestens seit dem vergangenen Wochenende wieder aktuell. Am frühen Donnerstagabend, 15. Mai 2025, hatte die Bundespolizei am Münchener Flughafen acht zumeist bayerische Mitglieder oder Sympathisanten der Identitären Bewegung (IB) daran gehindert, nach Italien zu fliegen. Sie wollten am folgenden Samstag das „Remigration Summit 2025“ in Mailand besuchen, eine internationale, migrationskritische Konferenz.

Das Verbot galt bis einschließlich Sonntag, 18. Mai. Die Gemaßregelten sollten sich zudem am Freitag- und Samstagnachmittag bei einer bestimmten Polizeiwache melden, um sicherzustellen, dass sie Deutschland nicht doch noch verlassen würden. Das Onlineportal „NiUS“ hatte als eines der ersten Medien über den Fall berichtet. Unter den Betroffenen sei demnach auch eine Österreicherin gewesen, die nicht in ihr Heimatland reisen durfte.

Aktivisten mehrere Stunden festgesetzt

Die X-Nutzerin „AnnieBayern“, offenbar eine der IB-Aktivisten, berichtete am 16. Mai in einem Video auf X über das Geschehen. Demnach sei ihre Gruppe nach einer angeblichen „Routinekontrolle“ „gewaltsam abgeführt“ und 8 Stunden lang am Flughafen festgehalten worden.
Die IB ist in Deutschland nicht verboten, wird aber vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Teil des Spektrums der „Neuen Rechten“ den „sonstigen Rechtsextremisten“ zugeordnet.
Nach Informationen von „Apollo News“ reisten einige Gruppenmitglieder trotzdem nach Mailand. Nun drohe ihnen nicht nur ein Bußgeld von je 100 Euro für jede versäumte Rückmeldung bei der Polizei, sondern auch maximal ein Jahr Gefängnis wegen Verstoßes gegen Paragraf 24 des Passgesetzes.
Der X-Account der deutschen IB berichtete am Mittag des 20. Mai, dass drei der unerlaubt Ausgereisten am Heimflughafen bereits von einem „Dutzend mit Maschinengewehren bewaffneter Beamter“ in Empfang genommen worden seien.
Am Wochenende hatten österreichische IB-Mitglieder in der Wiener Innenstadt als Gruß nach Mailand ein Banner mit der Botschaft „Can‘t Stop Remigration!“ ausgerollt. Im dazugehörigen X-Post hieß es: „Totalitäre Regierungen können versuchen, unsere Aktivisten an der Grenze aufzuhalten, aber sie können die Remigration nicht stoppen.“

Bundespolizei sah Ansehen der Bundesrepublik gefährdet

Die Bundespolizei München hatte die freiheitseinschränkende Maßnahme angeblich damit begründet, eine „erhebliche Gefahr der Ansehensschädigung der Bundesrepublik“ abwenden zu wollen.

Es könne international der Eindruck entstehen, dass die BRD „das auf der Veranstaltung offen verbreitete rechtsextremistische Gedankengut“ unterstütze „oder zumindest nicht ausreichend dagegen“ vorgehe, hieß es in einem vorgeblichen Ausschnitt der Ausreiseuntersagung, den der X-Nutzer „Hadrianredic“ auf seinem X-Kanal gepostet hatte. Auch er ist eigenen Angaben zufolge einer der betroffenen Aktivisten. „NiUS“ hatte einen identischen Wortlaut aus dem Schreiben, das dem Medium vorliegen soll, zitiert.

In dem Ausreiseverbotsbescheid ist angeblich auch von behördlichen Befürchtungen die Rede, dass sich in Mailand „rechtsextremistische Gruppierungen aus verschiedenen europäischen Ländern“ mit „Influencern, Aktivisten, Politikern und Akademikern“ vernetzen könnten. Die deutschen „Rechtsextremisten“ könnten „aktiv für die menschenverachtende Ideologie werben“, was unter anderem die „Gefahr für die Radikalisierung weiterer Personen“ berge. Zudem stehe die Erschließung neuer Geldquellen im Raum.

Eilantrag und Beschwerde erfolglos

Genügt solch eine polizeiliche Einschätzung für ein Reiseverbot im Schengenraum, der doch stets für seine Überwindung der Binnengrenzen gerühmt wird? Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts (VG) München offenbar schon – jedenfalls auf den ersten Blick. Das VG lehnte die Eilanträge des Rechtsanwalts Dubravko Mandic gegen das Ausreiseverbot nämlich ab und übernahm nach dessen Angaben die Argumentationslinie der Bundespolizei:

„Insbesondere können das internationale Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik Deutschland erheblichen Schaden erleiden, wenn der Eindruck entstünde, es würde nicht versucht, den Neonazismus, insbesondere grenzüberschreitend, zu unterbinden“,
zitiert der Jurist das Verwaltungsgericht auf X. Selbst wenn der „Remigration Summit“ in geschlossenen Räumen stattfinde, sei das Treffen nach Aussage des VG geeignet, eine entsprechende „Öffentlichkeitswirksamkeit“ auf virtuellem Wege zu erreichen.

Entscheidung im Hauptsacheverfahren offen

Das VG München habe im Rahmen einer summarischen Interessenabwägung entschieden, so Mandic. Für eine nähere Überprüfung des Sachverhalts habe das Gericht auf ein späteres Hauptsacheverfahren verwiesen.

Die unmittelbar danach eingereichte Beschwerde des Rechtsanwalts vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) war im Laufe des Tages verworfen worden. Der VGH hatte laut Mandic mit dem „Ethnopluralismus“ der IB argumentiert, dessen „völkisch-abstammungsmäßiger Volksbegriff“ gegen die Menschenwürde des Grundgesetzes verstoße.

Eine Differenzierung der Begriffe „Neonazismus“ und „Neue Rechte“, zu der sich die IB selbst zähle, habe der VGH nicht getroffen. Dessen Richter argumentieren, dass es „für eine mögliche Gefährdung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland […] ohne Bedeutung [sei], welcher Strömung des Rechtsextremismus die ‚Identitäre Bewegung‘ zuzurechnen“ sei, so der VGH, wie Mandic weiter zitiert.

Mandic hält die Einschätzungen des VGH „im Kern“ für eine „reine Übernahme politikwissenschaftlicher Erwägungen der Verfassungsschutzämter“. Ob die Richter im Hauptsacheverfahren seine Ansicht teilen werden, bleibt bis auf Weiteres offen.

Zwei Fragenkataloge der Epoch Times an das Bundespolizeipräsidium und an die Bundespolizei München blieben bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unbeantwortet. Epoch Times wollte unter anderem wissen, auf welchem Wege die Behörden von den Reiseplänen der IB-Aktivisten erfahren hatten und wie oft und warum Ausreiseverbote für gewöhnlich verhängt werden.

Ausreisefreiheit eigentlich garantiert – Ausnahmen im Passgesetz

Grundsätzlich steht es allen deutschen Bürgern frei, die BRD zu verlassen: Schon Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen gesteht jedem Menschen das Recht zu, „jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren“.

Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen.
Auch Artikel 2 des Grundgesetzes garantiert jedermann „die freie Entfaltung der Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“. Dazu gehört nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Januar 1957 („Elfes-Urteil“, Az: 1 BvR 253/56) auch die Ausreisefreiheit.
Die „Untersagung der Ausreise“ kann gemäß Paragraf 10 des Passgesetzes (PassG) dennoch von den „für die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs zuständigen Behörden“ für Deutsche verfügt werden. In der Regel ist damit die Bundespolizei gemeint.

Diese kann „einem Deutschen die Ausreise in das Ausland untersagen“, wenn dieser entweder keinen gültigen Identitätsnachweis bei sich trägt oder „wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass bei ihm die Voraussetzungen nach § 7 Absatz 1 vorliegen“.

Passversagung und Passentziehung

Paragraf 7 (1) PassG bezieht sich auf die „Passversagung“. Diese kann unter anderem dann stattfinden, „wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passbewerber die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet“. Das dürfte der Passus sein, auf den sich die Bundespolizei im Fall der IB-Aktivisten berufen hatte.

Womöglich drehte sich das Ausreiseverbot aber auch um den Verdacht, dass sich manche Gruppenmitglieder einer Strafverfolgung oder Strafvollstreckung entziehen wollten. Dafür gibt es aber wenig Hinweise: „NiUS“ zufolge waren etwaige Straftaten der Festgesetzten im schriftlichen Ausreiseverbotsbescheid kein Thema.

„T-online“ berichtete allerdings, dass gegen manche der vorübergehend Festgesetzten Strafverfahren anhängig seien. Dabei solle es um zum Teil vermummte Auftritte an einem Flüchtlingsheim und um den Verdacht auf Diebstahl einer türkischen Fahne gehen.

Als weitere denkbare Gründe für eine legale Passversagung seien an dieser Stelle noch die begründete Annahme einer Fluchtgefahr wegen Steuer-, Unterhalts- oder Wehrpflichten und die begründete Annahme eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz genannt.

„Wenn Tatsachen bekannt werden, die nach § 7 Absatz 1 die Passversagung rechtfertigen würden“, kann es gemäß Paragraf 8 PassG auch zu einer „Passentziehung“ kommen. Sollte eine Passversagung oder eine Passentziehung bei einem Ausreisewilligen tatsächlich erfolgt sein, so wird die Kannvorschrift laut Paragraf 10 (1) PassG automatisch zur Mussvorschrift: Die Ausreise muss untersagt werden. Gemäß Paragraf 6 (7) gilt das sinngemäß auch für Inhaber eines Personalausweises.

Was this article displayed correctly? Not happy with what you see?

Tabs Reminder: Tabs piling up in your browser? Set a reminder for them, close them and get notified at the right time.

Try our Chrome extension today!


Share this article with your
friends and colleagues.
Earn points from views and
referrals who sign up.
Learn more

Facebook

Save articles to reading lists
and access them on any device


Share this article with your
friends and colleagues.
Earn points from views and
referrals who sign up.
Learn more

Facebook

Save articles to reading lists
and access them on any device